08.07.2012

Tag 030: Für etwas mehr Zärtlichkeit

Das Konzept der Worldly Companions sieht es vor, dass man, wenn möglich, auf Augenhöhe mit allen Leuten in der Gruppe gemeinsam über die Kunstwerke spricht. Das ist aus vielen Gründen sehr schwierig: natürlich fällt man selbst immer wieder leicht in die Rolle des Führers zurück, oder es wird tatsächlich auch von den Besuchern erwartet bzw. gewünscht geführt zu werden. Viele trauen sich auch einfach nicht, und da kommen gewisse Eisbrecher ins Spiel: Kunstwerke, die Schwellenängste abbauen, Spaß machen, dazu einladen sich einzubringen, ein Paradebeispiel ist ein von Erkki Kureniemi entwickeltes Instrument in der Orangerie.
Ich bitte die Gruppe um vier Freiwillige, jeder soll ein Metallstück in die Hand nehmen, dann sorge ich dafür, dass die Leute sich berühren. Je nach Gruppe, fordere ich die Personen einfach auf, manchmal lege ich auch selbst Hand an. was dann passiert ist fast immer das Gleiche: Verwirrung, Skepsis, Spieltrieb... und dann will keiner mehr weg. Ich stelle einfach mal ein paar Bilder von der Exkursion mit meinem Seminar hier ein.


Man sieht noch, wie vorsichtig die Berührungen sind, aber auch schon den Spaß, denn jede Berührung verursacht einen Ton. Fast jede Gruppe bekommt nach ein, zwei Minuten etwas Rhytmisches hin, aber diese Gruppe war richtig gut, konnte das Instrument fast intuitiv so spielen, dass es musikalisch wirkte.
Je nachdem, wie die Gruppe auf mich wirkt, erkläre ich danach, dass der Name des Instrumentes "Sexophone" ist und das man es im Idealfall wohl am Besten nackt spielen sollte... Im Falle meiner Exkursion gab es dann noch eine musikalische Masturbation: Jemand fand das Instrument so spannend, dass entgegen der eigentlichen Idee alleine mit mehreren Kontakten weitergespielt wurde...

Und es wirkt: selbst Gruppen, die bei den beiden Positionen auf die man vorher in der Orangerie stößt völlig passiv waren, beginnen sich untereinander auszutauschen und sind - so nehme ich es zumindest wahr - danach sehr viel eher bereit sich in das gemeinsame Gespräch einzubringen. Und wenn ich später zu Tarek Atoui gehe sind die Gruppen, mit denen ich vorher in der Orangerie wahr sehr viel eher bereit, sich in dem zum Teil recht lauten Raum aufzuhalten und über die musikalischen Qualität dieser Arbeit zu sprechen. Ein Apell also für etwas mehr Zärtlichkeit in der Kunstvermittlung...

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