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Fridericianum, 17.06.2012 |
Und wie es der Zufall will, zeigen die oberen beiden Drittel des Fotos auch direkt das künstlerische Projekt von Amy Balkin.
Ich habe letzthin über den Ausdruch "deutsche Kultur" im Bezug auf den Islam nachgedacht und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass ich es für recht absurd halte, den Begriff "Kultur" mit einer Nationalität zu verbinden. Wenn das mal zeitgemäß war, hat es sich meines Erachtens völlig überlebt. Was bitte soll deutsche Kultur sein? Ist es Goethe, den ein Großteil der Deutschen nie lesen (wollen) und der entscheidend durch seine Reise nach Italien geprägt war? Ist es die christliche Kultur, die aus dem Nahen Osten ihren Weg in die ganze Welt gefunden hat und mit der die meisten Deutschen kaum mehr zu tun haben als mit jedweder anderen Religion inklusive dem Islam? Oder ist es das amerikanische Abziehbild des Deutschen mit Lederhose und Weißwurst, die bestenfalls noch regionale Relevanz hat. Was immer meine Kultur als deutscher Bürger auch ist - sie ist doch definitiv nicht (ausschlielich) deutsch...?
Ähnliche Fragen wirft - wenn auch aus einem ganz anderen Blickwinkel - Amy Balkin mit "Publik Smog will save the Earth" auf. Die Künstlerin versucht mit verschiedenen Projekten die Atmosphäre zu schützen. Aber wann immer sie einen Teil gegen Zerstörung absichert, muss sie doch anerkennen, dass das Unterfangen absurd ist: Die Atmosphäre hat keine Grenzen und somit lässt sich auch nicht ein bestimmter Bereich schützen.
Sie versucht nun, die Atmosphäre als Naturerbe der UNESCO schützen zu lassen. Und wenn Lebensräume wie das Wattenmeer oder der Kelllerwald als schützenswert anerkannt sind, warum dann nicht auch der Ort, der uns ausnahmslos alle etwas angeht? Und genau da ist die Lücke im System: Der UNESCO darf ein Naturgut nur von dem Land vorgeschlagen werden, das Anspruch darauf erhebt. Und die Atmosphäre ist grenzelos, staatenfrei.
Das Projekt grenzt tatsächlich an Absurditäät, so versucht die Künstlerin alle Staaten der Erde zu überzeugen, an diesem Vorhaben aktiv mitzuwirken - mit relativ geringem Feedback. Aber grade die Absurdität und vermeintliche Aussichtslosigkeit macht es für mich so interessant.
Ich habe mich selten so sehr als Weltbürger gefühlt, wie heute Nachmittag unter dem Kasseler Himmel, einem grenzenlosen Himmel.
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