11.07.2012

Tag 033: Who's afraid of Red, Yellow and Blue?

Es gibt einige Bereiche der dOCUMENTA (13), für die man anstehen muss, z.B. das Brain und den Raum von Mark Lombardi, Korbinian Aigner und Anton Zeillinger im Fridericianum. In der documenta-Halle ist es der Raum von Yan Lei. Er scheint die Besucher anzuziehen wie eine Motte das Licht. Oder ist es einfach so, dass eine Schlange den Menschen unterbewusst zwingt, sich anzustellen?
Die documenta-Halle versammelt einige wirklich großartige Positionen der Malerei (und anverwandter Bereiche), doch die Bilder, die Yan Lei präsentiert, scheinen eine Sonderrolle einzunehmen. Ich habe mit mehreren Menschen gesprochen, im Raum und nach dem Besuch in dem Raum und es wurde im Wesentlichen formuliert: Tolle Bilder, interessante Motive, spannend, weil viel zu entdecken - nur einige Bilder wurden nicht verstanden. Fragt man dann nach, welche Bilder Probleme bereitet haben, wird auf monochrome Farbflächen (siehe oben) verwiesen. Auch 46 Jahre nach Barnett Newmans so eindrucksvoll betiteltem Bild scheint es noch eine deutliche Angst oder zumindest ein Missfallen an Rot, Gelb und Blau (und Violett, Grau, Grün usw. usf.) zu geben.
Ich sage es ganz offen - und denke Yan Lei würde mir zustimmen: Ich finde die gegenständlichen Malereien schlecht! Die Motivik ist zwischen Trivialem und der Kunst-Popkultur angesiedelt, die Maltechnik völlig uninspiriert, möglicherweise sogar maschinell. Wie konnte soetwas in die Ausstellung geraten? Nun, weil das Projekt natürlich im Gegensatz zu den Bildern ziemlich gut ist.
Der Künstler hat 360 Bilder, die sich aus seinen Internetfunden generieren, in diesem "kleinen" Raum versammelt. Sie sind beliebig und sprechen uns trotzdem an, eye-catcher aus der Suchmaschine. Jeden Tag nun lässt er eines dieser Bilder monochrom überspritzen. Und diese Vernichtung der Motive wird tatsächlich von vielen Besuchern als Verlust begriffen! Ich lerne dadurch das atmen wieder neu! Fast bedauere ich es, dass die documenta nur 100 Tage währt und nicht der ganze Raum ausradiert wird...
Selten war Zerstörung, Gleichmachung, Abstraktion so wohltuend, wie in diesem Raum. Und wenn jetzt jemand sagt, dass wäre doch alles Schnee von gestern, oder Malewitsch anführen möchte: So lange auch nur ein Besucher den Bildern in diesem Raum ernsthaft nachtrauert, ist der Schnee von gestern brandaktuell.
Ein Ausschnitt mit einer monochromen Malerei, die oben nochmal isoliert zu sehen ist.
Ansicht des Raumes ganz zu Beginn der Ausstellung, alle Motive sind noch zu sehen. Quelle: http://www.google.de/url?source=imglanding&ct=img&q=http://woman.brigitte.de/asset/Image/briwoman/2-kultur/2-3-kunst-theater/documenta-13/yan-lei.jpg&sa=X&ei=Sbj9T4n4FYjOtAaXw9W6BQ&ved=0CAoQ8wc&usg=AFQjCNEtx0MdHF8AqbgDmsuKnsztuwcJWg

2 Kommentare:

  1. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  2. Na das nenn ich mal konsequent und bewundernswert zugleich. Wenn der Künstler die wirklich alle selbst gemalt hat, dann rührt er damit nicht nur an Newmans Angst vor dem Monochromen (die ich persönlich nicht teile), sondern auch an der grundsätzlichen Verlustangst der Menschen, etwas Schönes, etwas Selbstgeschaffenes oder gar Kunst? zu vernichten. Ich bin gespannt, wie viel davon noch da ist, wenn ich die Documenta besuche. Ich muss aber sagen, dass mich die Vorgehensweise aufgrund ihrer Unwiederbringlichtkeit und der Opferung der eigenen Arbeiten zugunsten eines höheren konzeptuellen Ansatzes schon jetzt sehr beeindruckt. Weißt du etwas darüber, ob er das immer so macht oder ist das jetzt "nur" eine Inszenierung für die Documenta?

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